Weilmünster als Musteranstalt des Bezirksverbands Nassau in den späten 1930er Jahren
Die Belegung der Landesheilanstalt (LHA) Weilmünster stieg in den Jahren 1935 bis 1938 rapide an, ohne dass entsprechend mehr Personal eingestellt worden wäre: Anfang 1935 lebten 375 Patient:innen in Weilmünster, Ende 1936 bereits mehr als 1000. Im Jahr 1938 waren es durchschnittlich bereits 1500 Menschen, die sich auf verschiedene Häuser verteilten. Es handelte sich zu einem großen Teil um Neuaufnahmen aus anderen Provinzen mit dem Ziel der Einnahmesteigerung für den Träger. Vielfach wurden aber auch Patient:innen, bei denen der Bezirksverband Nassau Kostenträger war, aus kirchlichen Anstalten in verbandseigene Anstalten – etwa nach Weilmünster – verlegt. Dies entsprach der Entkonfessionalisierungspolitik der Gauverwaltung: Die kirchlichen Träger sollten ökonomisch geschwächt, ihr Einfluss zurückgedrängt werden.
Als maximal vertretbare Belegung für die LHA Weilmünster galten 1200 Personen. Im Jahr 1939 waren jedoch zeitweise mehr als 2000 Patient:innen dort untergebracht. Der vom Wiesbadener Anstaltsdezernenten Fritz Bernotat ausgegebene Arzt-Patienten-Schlüssel von 1:300, der bereits auf reine Verwahrung abzielte, wurde noch übertroffen und lag nun (1938/39) bei etwa 1:500. Bernotat verteidigte die Zustände gegen die Kritik einer staatlichen Besuchskommission, die 1938 die Anstalt besucht hatte, und rühmte Weilmünster als Musterbeispiel der nazistischen Spar- und Überbelegungsbestrebungen.