Georg Bill wurde am 24. September 1883 in Dorndorf als Sohn von Theresia Bill geb. Jung und Peter Georg Bill geboren. Er war katholisch getauft und als “Arbeiter” tätig. Mit seiner Ehefrau, Margarethe Bill geb. Weimer hatte er ein gemeinsames Kind. Das Ehepaar lebte in der Obergasse 45 in Offheim. Sämtliches verfügbares Aktenmaterial zu Georg Bill ist der für ihn anlässlich des Sterilisationsverfahrens angelegten Akte des Erbgesundheitsgerichts Limburg entnommen. Demnach durchlief er eine „unauffällige“ Entwicklung im Kindesalter und schloss die Volksschule “gut” ab. Georg Bill war Teilnehmer des 1. Weltkrieges, wo er eine “Granatverletzung” am Kopf erlitt. In der Sterilisationsakte wird diese als “belanglos” bezeichnet. Die Gutachter im Sterilisationsverfahren bezeichnen Georg Bill als “willensschwach”. Er habe “sinnlose Einkäufe” getätigt. Im Umgang mit seiner Familie wie auch seinem sozialen Umfeld sollen sich Verhaltensauffälligkeiten gezeigt haben. Ursächlich hierfür sei eine seelische Erkrankung. Die Wesensveränderungen und das sozial unangepasste Verhalten führten 1921 zu einer ersten Einweisung in die Universitäts-Nervenklinik in Gießen und schließlich zur Entmündigung. Als Vormund für Georg Bill wurde der Landwirt Josef Diefenbach aus Offheim eingesetzt. Eine weitere Einweisung nach Gießen erfolgte im Jahr 1922, sieben Jahre später die Einweisung in die Landesheilanstalt Hadamar, wo Georg Bill am 2. Juli 1932 dauerhaft untergebracht wird. Mehrfach sind für ihn “Entweichungen” aus der Anstalt Hadamar dokumentiert. Der ärztliche Direktor der Landesheilanstalt Hadamar, Dr. Otto Henkel, ein energischer Befürworter der NS-Sterilisationspraxis, stellt im Dezember 1934 einen Antrag an das Erbgesundheitsgericht Limburg, wonach Georg Bill mit Verweis auf das “Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses” zu sterilisieren sei. Begründet wurde dieser Antrag mit einer vorgeblich “schweren degenerativen Veranlagung mit manischem Einschlag”. Eine “Gefahr der Fortpflanzung” sei vorhanden, da Georg Bill erst 51 Jahre alt sei. Dieser Antrag wird vom Erbgesundheitsgericht Limburg am 10. Januar 1935 abgelehnt, “da ein Erbkrankheitsfall im Sinne dieses Gesetzes nicht“ vorliege. Der ärztliche Direktor der Anstalt Hadamar belässt es nicht bei dieser Entscheidung. Er bringt den Sterilisationsantrag im Februar 1935 vor das Erbgesundheitsobergericht in Frankfurt/Main. Dort wird “einwandfrei festgestellt”, dass Georg Bill mit einer Erbkrankheit behaftet sei und “nach den Erfahrungen der ärztlichen Wissenschaft (…) mit großer Wahrscheinlichkeit zu erwarten” sei, dass seine Nachkommen an “schweren geistigen Erbschäden leiden werden”. Der Beschluss des Erbgesundheitsgerichts Limburg wird durch die höhere Instanz somit aufgehoben. Georg Bill wird drei Wochen nach dem Beschluss des Frankfurter Erbgesundheitsobergerichts nach Herborn verbracht und dort zwangsweise sterilisiert. Fortan bleibt er in Anstaltsunterbringung. Im Zuge der Auflösung der Anstalt Hadamar und Umwandlung der Einrichtung in ein Reservelazarett im Herbst 1939 wird Georg Bill abermals nach Herborn transportiert, wo er bis zu seiner „Verlegung“ in die Tötungsanstalt Hadamar am 21. Juli 1941 verbleibt. Mit weiteren 112 Menschen wird er an diesem Tag in die Gasmordanstalt Hadamar mit dem Ziel verbracht, ihn in der dortigen Gaskammer zu ermorden. Mutmaßlich aufgrund seines Status als Kriegsteilnehmer des 1. Weltkrieges und weil er, wie es später im Sterbeeintrag vermerkt ist, als „Invalide“ geführt wird, erfolgt seine „Rückstellung“ von der Vergasung und die Überstellung nach Weilmünster. Nach Angaben des LWV-Archivs in Kassel ist in der dort vorgenommenen Dokumentation unter „Verlegungen in unbekannte Anstalten“ (Signatur B 15 Nr. 499 ) vermerkt, „dass Georg Bill, geb. 24.09.1883 in Dorndorf, am 21.07.1941 aus Herborn verlegt wurde.“ Für den gleichen Tag sei seine „Entlassung“ aus der Einrichtung vermerkt. Georg Bill lebt in der Anstalt Weilmünster noch weitere acht Monate unter den Bedingungen von Hunger und Vernachlässigung. Am 15. März 1942 soll er dort an „Marasmus bei chronischer Manie“ verstorben sein. Vor seinem letzten frei gewählten Wohnort in Limburg-Offheim wurde am 5. November 2022 ein Stolperstein für Georg Bill verlegt.
Quellen: HHStaWi Abt 474/3 Nr. 736; Archiv des LWV Kassel Aufnahmebuch Herborn B 15 Nr. 501 Aufnahme Stolperstein: Christoph Waldecker; Stadtarchiv Limburg StaLM