Matrijona Lipko wurde am 10. April 1910 in Polozk, Kreis Witebsk in Weißrussland geboren. Seit Juli 1944 musste Matrijona Likpo im sog. „Ostarbeiterlager“ der Bahnmeisterei Weilburg Zwangsarbeit leisten. Der für Matrijona  Lipko von der „Deutschen Reichsbahn“ ausgefertigte Dienstausweis wurde vom Bürgermeister der Stadt Weilburg ausgefertigt und weist die junge Frau als „Bahnunterhaltungsarbeiterin“ aus. Viele der mehr als 6 Millionen im deutschen Reich ausgebeuteten ZwangsarbeiterInnen erkrankten infolge der schweren Arbeit, der miserablen Unterbringung und der systematischen Ausbeutung. Auch der Verlust ihrer Heimat und die lagermäßige Unterbringung ohne Bewegungsfreiheit stellten eine zusätzliche, schwere psychische Belastung dar. Matrionia Lipko wird mit der Diagnose „Geisteskrankheit“ am 4. August 1944 zunächst in der Anstalt Weilmünster aufgenommen. Sie wolle nicht arbeiten, so der Eintrag in der Akte und klage über „Rückenschmerzen“. Bei der Einlieferung in die Anstalt Weilmünster wird in der Akte notiert „eine Verständigung sei aufgrund der Sprachbarriere nicht möglich“. Im September 1944 wird Matrijona Lipko nach Hadamar „verlegt“. Nach offiziellen Angaben starb Matrijonia Lipko am 23.09.1944, vorgeblich an „Herzschwäche“ und „Erschöpfung bei Geisteskrankheit“. Tatsächlich wurde die junge Frau in Hadamar ermordet, da sie als nicht mehr „arbeitsfähig“ galt. Die Zeugin Elisabeth Schöndorf, Überlebende der Tötungsanstalt Hadamar, schildert im Hadamar Prozess, wie die Ermordung der Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter in Hadamar vor sich ging: „Ich habe nun gesehen, wie die Patienten in die Zellen gebracht wurden.“ Diese wurden dann in die Betten gelegt und der Oberpfleger Willich und der Oberpfleger Ruoff gaben dann den Patienten Schlaftabletten ein. Wenn sich nun die Patienten weigerten, so gab Willich die Tabletten den Patienten gewaltsam ein. Wenn nun die Patienten eingeschlafen waren, so gaben der Willich und auch der Ruoff diesen Spritzen. Nach Verabreichung der Spritzen zirka nach drei Stunden waren dann die Patienten tot. (…) Es waren drei Zellen, die für diese Arbeit benutzt wurden. Ich sah nun des Öfteren, wie in den Zellen tote Männer, Frauen und kleine Kinder umherlagen. Diese wurden dann in Massengräbern verscharrt. In Hadamar wurden nahezu 500 ZwangsarbeiterInnen durch Injektion von überdosierten Medikamenten ermordet, wenn sie als „nicht arbeitsfähig“ galten. Die Eltern von Matrijona LIpko wurden wurden mittels eines formlosen Schreibens vom Tod ihrer Tochter informiert. Die Beisetzung erfolge „in aller Stille“ auf dem Anstaltsfriedhof. Tatsächlich kann von einer „Beisetzung“ der Ermordeten auf dem „Anstaltsfriedhof“ keine Rede sein. Die Menschen wurden ohne Hinzuziehung eines Geistlichen, unbekleidet und ohne Sarg in Massengräbern verscharrt. Dennoch stellt die Tötungsanstalt Hadamar der Bahnmeisterei Kosten in Höhe von RM 136,90 für „Pflege“ und „Beerdigung“ der Matrijona Lipko in Rechnung. Das Grab von Matrijona Lipko ist bis auf den heutigen Tage nicht kenntlich gemacht, wie es in den Vorgaben des Internationalen Völkerrechts vorgeschrieben ist. Ebenso werden die Namen der in Hadamar ermordeten Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter im Bereich der dortigen „Gedenklandschaft“ nicht genannt.

Quellen und Literatur: LWV Archiv (Hadamar) AN 2600. Peter Sandner. Die Landesheilanstalt Weilmünster im Nationalsozialismus. In: 100 Jahre Krankenhaus Weilmünster. Hg. LWV Hessen (1997); Dorothee Roer, Dieter Henkel (Hg.) Psychiatrie im Faschismus. Die Anstalt Hadamar 1933-1945 (1986); Christoph Schneider. Hadamar von innen. Überlebendenzeugnisse und Angehörigenberichte (2020)